Landschaft im Wandel

Die Landschaft von Aš im Wandel der Zeit

Wenn wir die Geschichte der Landschaft an der böhmisch-bayerisch-sächsischen Grenze kennenlernen und vielleicht sogar ein wenig verstehen wollen, müssen wir rund 1500 Jahre in der Geschichte zurückgehen. Das 6. Jahrhundert n. Chr. ist der Zeitraum, in dem das Gebiet dauerhaft sowohl von slawischen als auch von germanischen Stämmen bewohnt wurde. 

Der Charakter der mitteleuropäischen Landschaft hat sich jedoch schon lange vor der Ankunft des Menschen herausgebildet. Zur Zeit des Tertiärs hatte sich das Meer bereits zurückgezogen und das bestehende Gebirge sowie das Flussnetz waren entstanden. Doch erst im Quartär bildete sich eine Landschaft, die der heutigen ähnlich ist. Insbesondere die Eiszeiten und Zwischeneiszeiten ließen Ökosysteme mit Pflanzen und Tieren entstehen, von denen wir viele noch heute kennen. Die menschliche Gesellschaft ist zu einem integralen Bestandteil dieser Ökosysteme geworden und hat in den letzten 10 000 Jahren zusammen mit den natürlichen Kräften begonnen, die Umwelt zu beeinflussen. 

In prähistorischer Zeit war das Ascher Ländchen wahrscheinlich nie bewohnt.  Dies könnte auf das relativ raue Klima und die Lage am Rande der alten Siedlungsgebiete zurückzuführen sein, die sich in wärmerer, freundlicherer Landschaft befanden. Die nächstgelegenen archäologischen Funde stammen aus der Region Cheb, aus der Nähe des Flusses Eger (Ohře). Sie zeugen von einer Besiedlung des Gebiets während der Kupfersteinzeit und der Bronzezeit. Diese war jedoch nicht von Dauer, und die Siedlungen wurden mehrmals aufgegeben.

Die alten Römer hatten nur eine vage Vorstellung von der Geografie Mitteleuropas und bezeichneten alle Gebirge nördlich der Donau und östlich des Rheins als Herkynischen Wald. Laut Gaius Julius Caesar brauchte man neun Tage, um ihn von Süden nach Norden zu durchqueren, und er bezweifelte, dass sechzig Tage ausreichen würden, um seinen östlichen Rand zu erreichen. Der Historiker Cornelius Tacitus schrieb, es sei ein Land unter stürmischem Himmel, voll dunkler, gespenstischer Wälder und wilder Moore. So blieben die meisten Vorgebirgs- und Berggebiete des damaligen Germaniens, die von schrecklichen Mythen umwittert waren, bis zum frühen Mittelalter unbewohnt. 

An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert beschrieb Karl Alberti in seinen Heimatbüchern die Wälder, die das Asch Gebiet vor der großen Kolonisation bedeckten, wie folgt: 

Es waren Urwälder, die wenig Ähnlichkeit mit den heutigen kultivierten Wäldern hatten. Die Fichte war sicherlich nicht der einzige vorherrschende Waldgehölz, aber es gab eine abwechslungsreiche Mischung aus Laub- und Anflugbäumen, die mit verschiedenen Sträuchern durchsetzt waren. Einzelne riesige Bäume überragten die jüngeren. Wenn die Bäume bereits alt und verrottet waren, brauchten sie Stürme und schlechtes Wetter, um zu fallen. Als sie zu Boden fielen, nahmen sie ihre kleineren Nachbarn mit. Dabei traten die Wurzeln und tiefen Löcher, die sie hinterlassen hatten, als Vermächtnis aus dem Boden. Moose und Flechten, Gräser und Kräuter siedelten sich auf den umgestürzten Stämmen an. Die Lücken wurden allmählich durch die Triebe der jungen Bäume gefüllt. An den Wasserläufen war der Wald hier und da etwas lichter. Aber das machte ihn nicht leichter zugänglich: das Wasser, das im Wald reichlich vorhanden war, wurde oft durch Felsen und umgestürzte Bäume in seinem Lauf behindert, sodass es ungehindert abfließen und das umliegende Land überfluten konnte. Ein solcher Urwald war eine natürliche und doch sehr zuverlässige Grenze zwischen benachbarten Stämmen oder Ländern, also auch zwischen Germanien und dem Königreich Böhmen.

-Karl Heinrich Alberti

Inwieweit sich die Vorstellungen von Herrn Karel Alberti über den historischen Urwald mit den neuesten Erkenntnissen der paläoökologischen Forschung decken, beschreibt Dr. Petr Kuneš in seinem Text.

Abgesehen von der schlechten Durchlässigkeit müssen die damaligen Wälder auch in anderer Hinsicht für den Menschen gefährlich gewesen sein, wenn man bedenkt, dass im Jahr 1436 bei einer 14-stündigen Jagd in den vogtländischen Wäldern um die Elster unglaubliche 109 Hirsche, 58 Rehe, 44 Schweine, 206 Hasen, 7 Wildkatzen, 14 Wiesel, 18 Dachse, 9 Marder, 2 Biber, 1 Luchs, 13 Wölfe und 5 Bären erlegt wurden!

Der Wendepunkt in der Siedlungsgeschichte kam am Ende des ersten Jahrtausends. Wahrscheinlich aufgrund der günstigen klimatischen Bedingungen, die in Europa herrschten, wagten die Menschen zuvor unwirtliche und gefürchteten Gebieten zu besiedeln. Sie begannen, neue und effizientere Landwirtschaftstechniken einzusetzen. Ab dem 11. Jahrhundert wurde das Packpferd als Zugpferd eingesetzt, das Joch für Zugochsen und der Radpflug setzte sich schnell durch. Dies erleichterte die Feldarbeit und führte zu höheren Erträgen. Es wurden verschiedene Arten von Getreide und Hülsenfrüchten angebaut. Während des Hochmittelalters wurden keine größeren Hungersnöte verzeichnet. Die Bevölkerung Europas wuchs schnell. Vom 11. bis zum Ende des 13. Jahrhunderts nahm sie von schätzungsweise 46 Millionen auf 73 Millionen zu. So entstand das typische Bild einer dicht besiedelten europäischen Landschaft, in der Reste von Wäldern wie Inseln in einem Meer von Land liegen, welches fast ausschließlich der landwirtschaftlichen Produktion dient.

Das Aschgebiet wurde erst im 12. Jahrhundert besiedelt. Die Menschen rodeten oder verbrannten Wälder an geeigneten Stellen und gründeten neue Siedlungen. Viele Ortsnamen, die noch -grün oder -wald in ihrer Endung tragen, weisen darauf hin, dass sie an der Stelle des ursprünglichen Waldes errichtet wurden (z. B. Sigmundsgrün, Gottmannsgrün). Die Endung -reuth, -scheid, -roth zeigt an, dass der ursprüngliche Wald gerodet wurde (z. B. Fassmansreuth, Fridersretuh, Tiefenreuth, Wernersreuth). Die ersten Siedler kamen höchstwahrscheinlich nicht nach Asch, das kein angenehmes Klima und keinen besonders fruchtbaren Boden aufwies, um ihren Lebensunterhalt nicht mit Landwirtschaft, sondern mit Bergbau zu verdienen. Obwohl hier kein Gold oder Silber gefunden wurde, waren die reichen Zinnvorkommen weithin bekannt. Die Halden mit gewaschener Gangart finden sich noch heute nicht nur in der Umgebung von Vernéřov (ehermaliger Wernersreuth), sondern auch an den Ufern des Baches Lužní, zum Beispiel bei Huschermühle. Der tschechische Name “Lužní potok” bezieht sich im Gegensatz zum deutschen “Zinnbach” leider nicht auf den historischen Zinnbergbau. Viele der anderen tschechischen Ortsnamen, die nach dem Zweiten Weltkrieg übernommen wurden, tragen nicht die ursprüngliche Bedeutung. Das Verschwinden dieser historischen Namen ist bedauerlich, geht mit ihm doch zumeist auch das Verschwinden der Geschichten, für die sie einst standen, einher.

Die frühesten schriftlichen Dokumente, die das Ascher Gebiet betreffen, sind Schenkungsurkunden aus den Jahren 1165 und 1181, mit denen König Vladislav II. und später sein Sohn Fürst Bedřich ein Waldgebiet im nördlichen Egerland an die Mönche von Waldsassen schenkten. Es ist nicht bekannt, ob es zu dieser Zeit bereits Dörfer gab. Im Jahr 1270 wird Asch zum ersten Mal in schriftlichen Dokumenten erwähnt. Achtzehn Jahre später wird Neuberg (das heutige Podhradí) zum ersten Mal erwähnt. Die Siedlung muss jedoch schon zwei oder drei Generationen früher erbaut und bewohnt worden sein, da die Familie Neuberg schon damals über erheblichen Besitz und Einfluss verfügte. Aus dieser Zeit stammt auch das älteste erhaltene Denkmal im Ascher Gebiet – die Burgruine, die von einem neunzehn Meter hohen Turm überragt wird. Das Vermögen von Familie Neuberg wurde Ende des 14. Jahrhunderts von der Adelsfamilie Zedwitz aus Hof erworben. Sie beherrschten die Region Asch für die nächsten 500 Jahre und sorgten für Stabilität und eine kontinuierliche Entwicklung der Region. Die Siedlungsstruktur wurde bereits im 15. Jahrhundert angelegt und blieb bis zum Zweiten Weltkrieg nahezu unverändert. 

Das Leben der Einwohner des Ascher Gebietes hat sich seit der Kolonisierung relativ schnell verändert. Zur Landwirtschaft, die ursprünglich die meisten Menschen beschäftigte, kamen nach und nach eine Vielzahl von Handwerksberufen, von denen uns einige heute nicht mehr bekannt sind. Im Jahre 1846 gab es 27 Bäcker, 15 Zapfer, 9 Mälzer, 3 Buchbinder, 1 Büchsenmacher, 9 Drechsler, 13 Färber, 18 Küfer, 41 Metzger, 2 Gärtner, 2 Schäfer, 2 Hutmacher, 6 Kürschner, 30 Schmiede, 2 Lebküchner, 6 Maurer und 146 Gesellen, 2 Messermacher, 39 Mühlenbauer, 4 Nagelschmiede, 4 Papiermacher, 3 Schornsteinfeger, 3 Sägewerker, 6 Schlosser, 58 Schneider, 69 Kaufleute, 5 Seifenmacher, 452 Strumpfwirker, 33 Schreiner, 4 Tuchmacher, 3 Uhrmacher, 10 Wagner, 13 Gerber, 7 Schreiner mit 70 Gesellen, 3 Zinngießer, 2 Zuckerbäcker und 726 Weber. Eine derartige Konzentration von Kunsthandwerk und geschickten Handwerkern ist heute kaum noch irgendwo zu finden.

Ab dem 18. Jahrhundert begann sich die Weberei in Asch und Hranice zu entwickeln. Eine Ausstellung mit erhaltenen Webstühlen und Beispielen für die schönen Stoffe, die die Weber aus Hranice nach Indien exportierten, ist im Museum in Rehau zu sehen. Im 19. Jahrhundert kam es zu einer enormen Entwicklung der Textilindustrie, die u. a. einen starken Bevölkerungszuwachs mit sich brachte. Die Stadt Asch hatte im Jahr 1910, im Jahr ihrer größten Blütezeit, 21 880 Einwohner. Sie war die zehntgrößte Stadt Böhmens und zahlte nach Prag die höchsten Pro-Kopf-Steuern. Hochwertige Textilien wurden in die ganze Welt exportiert und konkurrierten sowohl mit französischen als auch mit englischen Textilien. Es heißt, dass man sich in Asch von Kopf bis Fuß für jedes Wetter, jede Jahreszeit und jeden Anlass kleiden konnte. Heute ist es fast unvorstellbar, dass es vor dem Ersten Weltkrieg 14 große Webereien, 61 Strickereien, 12 Handschuhfabriken, 11 Färbereien, 11 Spitzenhersteller und eine große Spinnerei gab. 

So wie sich das Leben der Bewohner veränderte, so veränderte sich auch die Landschaft. Nach Untersuchungen über die langfristige Entwicklung der Vegetation in der Tschechischen Republik kann man davon ausgehen, dass bis zum Beginn der Besiedlung mindestens 80 % der Fläche des Ascher Gebietes mit Wald bedeckt war.

Wald und Holz, die es überall gab, hatten für den mittelalterlichen Menschen fast keinen Wert. Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts wusste man wenig über die Pflege der Wälder, und deshalb wurde sie auch nicht erwähnt. Es war dem Zufall überlassen, ob die Lichtung wieder aufgeforstet werden würde. Die jungen Bäume waren allenfalls für einige Jahre vor dem Vieh geschützt, das damals fast überall weidete, außer vielleicht die bunten Heiden und moosbewachsenen Sümpfen. Die bewaldeten Hochflächen, welche die Höfe und Dörfer umgaben, galten als Gemeingut, und jeder konnte einen Baum fällen, wo er wollte. Als die adligen Herren ihr Land aufwerten wollten, rodeten sie die Wälder und verpachteten sie als Weiden oder Flächen für die Bienenzucht – die sogenannten Zeidelweiden.  Honig und vor allem Kerzenwachs waren zu dieser Zeit ein begehrtes Handelsgut. Zu anderen Zeiten wurden Wälder zur Gewinnung von Pech oder Holzasche für die anschließende Herstellung von Pottasche verpachtet. Zu diesem Zweck wurden ganze Bäume “im Stehen” verbrannt. In den Stamm von Ahornbäumen oder anderen Laubholzarten wurde ein Loch gegraben, um das Feuer am Laufen zu halten. Der Baum brannte langsam ab, ohne den umliegenden Wald zu gefährden. Auch Holzkohle wurde in Kohlenmeilern hergestellt.  

Das Feuer ist seit Jahrhunderten ein allgegenwärtiges Element. Gelegentliche natürliche Waldbrände oder absichtliches Abbrennen durch den Menschen beeinflussten den Charakter der Vegetation und das Feuer trug somit zur Gestaltung der Landschaft bei. Die Menschen nutzten die Kraft des Feuers, um neue Gebiete zu besiedeln, landwirtschaftliche Nutzflächen auf Kosten des Waldes auszuweiten verwilderte Weideflächen zu pflegen. Dennoch war es auch ein zerstörerisches Element, das so manche Siedlung in Schutt und Asche gelegt hat. Auch die Region Asch ist von solchen Ereignissen nicht verschont geblieben. Im Jahr 1696 brannten 124 Gebäude nieder. Weitere Brände suchten die Stadt 1781 und 1814 heim, als 178 Häuser und 78 Scheunen dem Feuer zum Opfer fielen und 250 Familien ihr Leben verloren. Der letzte große Brand brach 1917 in Dolní Paseky aus. Fast das gesamte Dorf wurde zerstört, und die meisten Bewohner kehrten nie wieder zurück.

Zusätzlich zu den schriftlichen Aufzeichnungen kann die Häufigkeit früherer Brände aus den Schichten mikroskopisch kleiner Holzkohlereste abgeleitet werden, die sich in den Moorsedimenten angesammelt haben. Wie viele Brandereignisse in den im Ascher Gebiet gesammelten Sedimenten nachgewiesen wurden, ist in dem Text von Dr. Petr Kuneš zusammengefasst.  

Gegen Ende des Mittelalters reichte das Holz in den Wäldern der tieferen Lagen nicht mehr aus, um den normalen Bedarf der Bevölkerung zu decken. Daher begann man, Holz aus weniger besiedelten Berggebieten zu transportieren. Im Winter wurden die Bäume gefällt und entrindet, und das Holz wurde die steilen Hänge hinunter in speziell dafür vorbereitete Schluchten gebracht. Während des Tauwetters im Frühjahr, wenn die Bäche genügend Wasser hatten, wurde das Holz in tiefere Lagen geflößt. In der Region Aschbeispielsweise, wurde der Fluss Bílý Halštrov auf diese Weise genutzt. Heute besteht kein Zweifel mehr daran, dass diese Art des Holztransports Form und Sohle des Flussbettes negativ beeinflusst, Ufererosion verursacht und die Populationen zahlreicher Wasserorganismen bedroht. Dies speilte jedoch in der Vergangenheit keine Rolle. Ebenso wenig wie die fatalen Folgen des Torfabbaus für die Stabilität des Wasserregimes, den Stoffhaushalt der Atmosphäre und die Funktionalität des Ökosystems. Tor war damals nicht nur in der Asch Region ein wichtiger Energieträger.

Gegen Ende des sechzehnten Jahrhunderts stiegen die Holzpreise rapide an. Im Jahr 1586 erließ Markgraf Georg Friedrich von Bayreuth eine Verordnung zur allgemeinen Regelung der Wälder, welche die Grundlage für die Ausgabe der ersten Waldordnung bildete. Im Vogtland wurde eine Forstaufsichtskommission eingerichtet, die 1593 eine erste Waldordnung erließ. Von diesem Zeitpunkt an wurden die Wälder systematisch abgeholzt und es war nicht mehr dem Zufall überlassen, ob ein gerodetes Stück Wald seinem Schicksal überlassen oder wieder aufgeforstet wurde. Es wurde streng darauf geachtet, dass bei jeder Fällung die einzelnen Samenbäume erhalten blieben, die erst nach einigen Jahren gefällt werden sollten. Arme Menschen durften nur gefallenes und trockenes Holz aus dem Wald holen. Jeder Baum musste nah am Boden gefällt werden und kein Schutt, keine Stümpfe und keine Späne durften auf der Baustelle zurückgelassen werden. Die Lichtungen sollten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt mit Birken-, Tannen- und Fichtensamen besät werden. Auch das Weiden von Vieh wurde in jungen Beständen streng kontrolliert und war bis zum Alter von sechs Jahren ganz verboten. Die Birke wurde bei Wiederherstellung des Waldes sehr geschätzt, und es war verboten, sie zu fällen, es sei denn, sie behinderte das Wachstum älterer Bäume. Zudem begann man, systematisch Obstbäume an den Rändern der Felder zu pflanzen. 

Die Forstwirtschaft mag damals im Volksmund noch in den Kinderschuhen gesteckt haben, aber die Beispiele aus den Waldordnungen lassen darauf schließen, dass der Adel seine Wälder sehr gut kannte und ein aufrichtiges Interesse an deren Wiederherstellung hatte.

Da die Fläche der Wälder seit der Besiedlung abgenommen hat, sind auch die Gebiete, in denen sich große Raubtiere bewegen konnten, kleiner geworden. Die beliebten Jagden in den Wäldern der Herren führten zu einem massiven Rückgang des Wildes. Ab dem 17. Jahrhundert wurde der Luchs zu seltener Tierart. Der letzte Bär wurde 1769 im Fichtelgebirge erlegt. Fünf Jahre später, im Jahr 1774, wurde der letzte Wolf geschossen. Auch die Wildkatzen standen zu Beginn des 20. Jahrhunderts am Rande der Ausrottung. Dank der Schutzbemühungen sind diese Tiere – mit Ausnahme des Bären – in den letzten Jahren in Fichtelgebirge (Smrčiny) zurückgekehrt. Sogar das Wildschwein war zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine echte Seltenheit in der Gegend, was für die Jäger von heute vielleicht schwer vorstellbar ist.

Wie bereits erwähnt, herrschten im Ascher Gebiet nie ideale Bedingungen für die Landwirtschaft. Die Erträge reichten nicht aus, um die Bevölkerung zu ernähren, und so mussten die meisten von ihnen in irgendeiner Form handwerklich tätig werden. Im 19. Jahrhundert überstiegen die Warenexporte bei weitem die Importe. Rohstoffe für die Industrie, Kohle, Holz, Getreide, Mehl, Gemüse und Vieh wurden importiert.

Gottlob Traugot Alberti schreibt in seinem Erinnerungsbuch, dass die Menschen damals eine sehr eintönige Ernährung hatten. Das Grundnahrungsmittel war Milch- oder Brotsuppe, verschiedene Arten von Knödeln, Pilzsoße war üblich, und drei bis vier Tage in der Woche wurde ganz auf Fleisch verzichtet. Regelmäßig wurde Brot gebacken. Aber auch weniger wohlhabende Familien konnten sich Flusskrebse und Forellen leisten, die überall in den Bächen reichlich vorhanden waren. Gelegentlich kam ein Braten aus Wacholderdrossel, Birkhuhn oder Aalen auf den Tisch.

Von der gesamten registrierten Fläche vom Ascher Gebiet (d. h. 14180 ha) im Jahr 1892 entfielen 41 % auf Wälder, 31 % auf Felder, 21 % auf Wiesen, weniger als 4 % auf Weiden und weniger als ein halbes Prozent auf Gärten und Teiche. Hauptsächlich wurden Kartoffeln angebaut, die im Ascher Gebiet wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts während des Dreißigjährigen Krieges aufkamen. Auch Roggen, Gerste und in tieferen Lagen auch Weizen wurden angebaut. Angebaut wurden hauptsächlich Kohl, Karotten, Kohlrüben und andere Kreuzblütler. Auch Haselnüsse waren weit verbreitet. Apfel-, Renekloden- und Kirschbäume waren gute Obstbäume.

Im Jahr 1893 waren in der Region Aš etwa 5.400 Stück Vieh registriert, die 1.867 Einwohnern gehörten. Von der Gesamtzahl der gehaltenen Tiere waren 71 % Rinder, 23 % Ziegen, weniger als 6 % Pferde und nur 10 Schafe. Es ist offensichtlich, dass es keine großen Zuchtbetriebe mit durchschnittlich drei Tieren pro Landwirt gab. 

Die Viehzucht war früher als Bedingung in Lehnsverträgen verankert. Die Landwirtschaft wurde nicht als bloßes Mittel zum Erwerb von Gütern betrachtet, sondern als eine Tätigkeit, die nicht nur den Landwirt, sondern auch das Feld selbst ernährte. Die Gülle war die so genannte Goldmine und der Dünger die goldene Quelle des Bauern. Was für ein anderes Verständnis der Zusammenhänge im Vergleich zum heutigen Ansatz, bei dem das Hauptziel der Landwirtschaft darin besteht, so viel Güter wie möglich aus jedem Meter herauszuholen, ungeachtet der Tatsache, dass der Boden selbst buchstäblich verhungert.

Bei der Pflege der Wiesen nutzten die Landwirte sowohl Entwässerungs- als auch Bewässerungssysteme. Regelmäßige Überschwemmungen sorgten dafür, dass ihre Wiesen mit den nötigen Nährstoffen versorgt wurden. Besonders hochwertige Auenwiesen, die eine doppelte Mahd zuließen, befanden sich rund um den Fluss Bílý Halštrov, aber auch z. B. in der Nähe der Stadt Hranice, in der Aue des Flusses Rokytnice. Bewässerungssysteme sind auch heute noch in Betrieb, zum Beispiel bei Nürnberg an der Rednitz oder bei Forchheim an der Wiesent. Im Umfeld des Ascher Gebietes entdeckten wir in Bad Alexandersbad ein stillgelegtes, aber noch funktionierendes Bewässerungssystem.

Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts stellten die Landwirte fest, dass einige Wiesen mit Moos oder unerwünschten Unkräutern überwuchert wurden und seltene Gräser verschwanden. In seinem 1893 erschienenen Buch Ascher Bezirk für Heimat und Haus gibt J. Tittmann an, dass die örtliche Fauna aus etwa 450 Pflanzenarten bestand. In Anbetracht der Tatsache, dass es schätzungsweise 2500 einheimische Pflanzenarten im Lande gibt, war dies sicherlich keine geringe Zahl. Die lange Liste der Pflanzen umfasst zum Beispiel 5 Orchideenarten, das Gewöhnliche Katzenpfötchen, das Berg-Sandglöckchen, die Arnika, die Kornrade, die Fettkräuter und den Sonnentau sowie das Echte Tausendgüldenkraut.

Was hätten die Bauern von damals wohl von den heutigen Wiesen rund um den Lužní potok und Rokytnice gehalten, die mit Gebüsch von Echtem Mädesüß und Rohrglanzgras überwuchert sind? Wie würden sie die derzeitige Qualität unserer Böden bewerten? Was würden sie zu den Mengen an Düngemitteln und Herbiziden sagen, die wir routinemäßig einsetzen?

Was genau die Flora der Asch Region heute ausmacht, wurde bei einer detaillierten Feldkartierung untersucht. Was meinen Sie, gibt es hier mehr oder weniger Arten als früher? Welche Pflanzen sind aus unserer Natur verschwunden und welche sind neu? Was sagt das über unser Natur aus? Dies und vieles mehr ist in dem Text von Mgr. Albert Šturma zusammengefasst.

Seit Menschengedenken nutzt der Mensch die Wasserressourcen und kanalisiert sie zu seinem Vorteil. Wenn die ersten Siedler ihre Siedlungen nicht auf einem geeigneten Felsvorsprung oder Hügel mit steilen Hängen (wie dem Neuberg oder dem Niklasberg) errichten konnten, legten sie einen schützenden Ringwall um das Gebiet. Die Energie der Wasserläufe wurde in den Mühlen ausgiebig genutzt. Die Aachener Bäche waren buchstäblich voll mit Mühlen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts gab es etwa zwanzig von ihnen. Sie wurden nicht nur zum Mahlen von Getreide, sondern auch zur Herstellung von Papier oder zur Verarbeitung von Zinn verwendet. Leider haben nur sehr wenige überlebt. Keine einzige hat ihre ursprüngliche Funktion beibehalten. In den Jahren 2018-2019 wurde die Huschermühle restauriert und zu einer Zuchtstation für die seltene Flussperlmuschel ausgebaut. Die bewachsenen Wassergräben, die man noch heute bei Spaziergängen durch Landschaft des Acher Gebietes antrifft, lassen erahnen, wo die anderen Mühlen gestanden haben. Wer weiß, ob die Mühlen hier heute noch laufen könnten, wo wir doch immer wieder mit schweren Dürren und Wasserknappheit zu kämpfen haben. 

In den vergangenen Jahrhunderten wurden im Ascher Gebiet viele Teiche angelegt. Am Ende des 19. Jahrhunderts waren etwa 80 von ihnen bekannt. Einige von ihnen wurden für die Fischzucht verwendet, die angeblich gute Ergebnisse erzielt hat. Es wurden insbesondere Forelle, Karpfen, Hecht, Schleie, Elritze, Quappe und Aal gefangen. Heute sind fast alle Teiche bestückt, jedoch haben sie nicht mehr so einen vielfältigen Fischbestand wie in der Vergangenheit. Glücklicherweise ist die Intensität der Fischzucht hiereher gering, sodass die Wasserqualität der meisten Aschener Teiche das ganze Jahr über ein angenehmes Schwimmen ermöglicht – ein eher seltenes Phänomen in unserem Land.

In der Umgebung von Asch finden wir auch weniger verbreitete, aber sehr interessante Wasserwerke, die wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem Bau der ersten Wasserleitungen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sind. Der Bau wurde von den Industriellen von Asch initiiert und finanziert, die den steigenden Wasserverbrauch in ihren Industrieanlagen decken mussten. Einige Wissenschaftler haben diese Wasserentnahmestollen mit den sogenannten “Kanaten” verglichen, die beispielsweise aus Nordafrika, Iran, Afghanistan oder China bekannt sind. In der Region Asch befindet sich die größte Anzahl von Wasserentnahmestollen zwischen Selb-Asch und Hranice. Gut erforschte und dokumentierte Stollen befinden sich z. B. bei Mokřiny, Štítary, Vernéřov oder Dolní Paseky. 

Es wäre illusorisch zu glauben, dass das Klima und die Unwägbarkeiten des Wetters Probleme der letzten Jahrzehnte sind.  Historische Aufzeichnungen zeigen, dass es in jedem vergangenen Jahrhundert trockenere und wärmere oder kühlere und feuchtere Jahre gab, die immer zu Nahrungsmittelknappheit und enormen Preissteigerungen geführt haben. Im Jahr 1448 zum Beispiel herrschte eine solche Dürre, dass fast alle Quellen und Bäche austrockneten. Genau hundert Jahre später, im Jahr 1548, führte die Dürre dazu, dass es nicht genügend Futter für das Vieh gab und viele Tiere geschlachtet werden mussten. Im Mai 1626 kam es zu einem sehr strengen Frost, sodass Getreide, Obst und der größte Teil der angepflanzten Früchte erfroren. Erschwerend kam hinzu, dass es fast zwei Monate lang nicht regnete. Die Jahre 1771 und 1772 waren ebenfalls sehr schlecht, mit sehr kalten und regnerischen Sommern. Selbst reiche Leute hatten damals kein Brot. Lebensmittel wurden aus Ungarn, Kroatien oder Russland importiert, aber selbst das war wegen der stark überschwemmten Straßen nicht einfach. Im Jahr 1772 starben in Sachsen dreimal mehr Menschen als geboren wurden. Im Ascher Gebiet starben 263 Menschen an den Folgen des Hungers und 141 Kinder wurden geboren. Weitere Kälte- und Regenperioden folgten in den Jahren 1816 und 1851. 

Wissen Sie, welchen Wasserhaushalt wir heute in der Region Aš haben? Wie viele Federn gibt es und wie ist ihre Qualität? Wie viel Niederschlag fällt hier jedes Jahr? Wie schnell fließt das Wasser von hier ab und was beeinflusst es? Was können wir tun, damit das Wasser dort bleibt, wo wir es brauchen?

Wir neigen dazu zu sagen, dass früher alles besser war, dass unsere Landschaften damals schöner waren. Aber so eindeutig ist es wahrscheinlich nicht. Als Herr Alberti 1850 in seine Heimatstadt Asch zurückkehrte, beurteilte er die umliegende Landschaft als kahl, trostlos und eintönig. Der Háj-Hügel bot im Allgemeinen einen traurigen Anblick, er war mit Binsen überwuchert, und überall gab es Gruben und Vertiefungen, da die Menschen nach dem großen Brand von 1814 Steine für den Bau neuer Häuser abgebaut hatten. Heute ist der Hügel bewaldet, und der vielfältige Gehölzbestand erweckt den Eindruck eines natürlichen Waldes. Tatsache ist jedoch, dass es sich um eine raffinierte Bepflanzung handelt, die um 1860 von lokalen Mäzenen durchgeführt wurde. Zu dieser Zeit begannen sich in Deutschland und Böhmen die Aktivitäten der Kunstgewerbevereine zu entwickeln, die in einer sich durch den industriellen Aufschwung rasch verändernden Landschaft eine erhebliche ästhetische Dissonanz sahen.

Unsere Geschichte der Landschaft des Ascher Gebiets endet in der Zeit ihrer größten wirtschaftlichen und kulturellen Blüte, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, infolge des Ersten und vor allem des Zweiten Weltkriegs wurde die jahrhundertelange Kontinuität des Gebiets, das historisch zur tschechischen Krone gehörte, endgültig unterbrochen, aber die Mehrheit der Bevölkerung hatte germanische Wurzeln, sprach Deutsch und war protestantisch. Seit 1945 schreiben die tschechischen und deutschen Landschaften ihre eigenen neuen und völlig unterschiedlichen Geschichten. 

Die heutige Landschaft ist das Ergebnis eines einzigartigen Zusammenspiels verschiedener menschlicher Einflüsse und rein natürlicher Prozesse, die vor dem Hintergrund einer jahrtausendealten Geschichte in diesem Gebiet stattfinden. Das natürliche Merkmal der Landschaft ist ihre Variabilität im Laufe der Zeit. Es handelt sich also nicht um eine unveränderliche, dauerhafte Einheit, wie es uns aus der Perspektive eines einzigen Menschenlebens erscheinen mag. Auch in Zukunft wird es aufgrund klimatischer Veränderungen, wachsender oder schrumpfender Wirtschaft oder politischer Umstände Phasen des Wandels mit unterschiedlichen Formen der lokalen Landschaft geben. Ob wir Menschen, aber auch andere Organismen, mit denen wir den Raum teilen, sich an neue Bedingungen anpassen können, hängt vor allem davon ab, wie schnell diese Veränderungen geschehen werden. Da wir Menschen die Hauptverantwortlichen für einige der Prozesse sind, die den Charakter der Landschaft maßgeblich beeinflussen, liegt auch ein Großteil der Verantwortung für ihren Zustand bei uns. Die Anpassung wird sicherlich einfacher sein, wenn die Landschaft vielfältig und widerstandsfähig ist und über ausreichend gute Boden- und Wasserqualität verfügt. Wir können aus der Geschichte lernen, damit wir nicht die gleichen Fehler machen, und wir können uns auch von ihr inspirieren lassen, denn vieles von dem, was unsere Vorfahren getan haben, war sicher nicht falsch.

Wie sich die Struktur der örtlichen Landschaft in den letzten 170 Jahren verändert hat, haben Experten der Universität Regensburg erforscht. Wie hat sich das Verhältnis von Wald, Ackerland und Weideland verändert? Julia Sattler beschreibt in ihrem Text, wie sich die heutigen tschechischen und deutschen Landschaften unterscheiden. 

Autor des Textes:

  • Erika Smrtová

Verwendete Quellen:

  • Karl Alberti, 1934: Beiträge zur Geschichte der Stadt Asch und des Ascher Bezirkes. Band 1-4. Verlag des Bezirkslehrervereins Asch.

  • Gottlob Traugott Alberti, 2010: Z mého života. Vzpomínky na mládí. Aus meinem Leben. Jugenderinnerungen. Státní oblastní archiv v Plzni – Státní okresní archiv Karlovy Vary.

  • Johann Tittmann, 1989: Heimatskunde der Ascher Bezirkes für Schule und Haus. Online verfügbar.

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