Die Karte zeigt eine für diese Gegend bis ins 19. Jahrhundert typische Struktur – Eine offene Lanschaft mit locker verteilten Höfen, oft mit Zugang zu fließendem Gewässer, zu Zwecken der Wasserkraftnutzung, oder zu Teichen die der Fischzucht dienten. Wälder waren stark zurückgedrängt und verteilten sich nurmehr inselhaft zwischen Wiesen und Felder. Ein hohes Maß an struktureller Vielfalt bot zahlreichen Arten Lebensraum. Die gestrichelte Linie entspricht dem heutigen Grenzverlauf zwischen Bayern und der tschechischen Republik, existierte jedoch zu dieser Zeit noch nicht.
Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, bis zum ersten Weltkrieg, der 1914 begann, kann als die Blütezeit des Ascher Ländchens bezeichnet werden – technisch hoch entwickelt, mit 21 000 Einwohnern dicht besiedelt und mit moderner Infrastruktur ausgestattet. Auf Landschaftsebene schlägt sich dieses goldene Zeitalter in einer gewachsenen Siedlungs- und Verkehrsstruktur, sowie einem starken Rückgang bewaldeter Flächen nieder. Dennoch zeigt die Karte nach wie vor einen großen Anteil an Offenland, welcher eine anhaltende landwirtschaftliche Nutzung indiziert.
In der Zeitspanne bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war die Region bereits in zwei Länder gespalten. Die Grenze verlief jedoch durch offenes Land und bewirkte zu keiner Seite hin fundamentale Veränderungen. Die Gegend war noch immer überwiegend von einer deutschsprachigen Bevölkerung besiedelt und trotz der Verlangsamung industriellen Wachstums in der Nachkriegszeit war sie weiterhin wohlhabend.
Die politischen Entwicklungen nach dem zweiten Weltkrieg markierten einen Wendepunkt in der Entwicklung der Region. Zum ersten Mal wurde sie durch eine unüberwindbare Barriere geteilt, welche für 34 Jahre, zwischen 1955 und 1989 bestehen blieb.
Dieses Bollwerk ist auf den gezeigten Karten, sowie dem zugehörigen Luftbild, deutlich zu sehen. Auf tschechischer Seite zeigt die Karte das Bild einer Landschaft, welche sich über 30 Jahre wesentlich abgeschiedener von menschlichen Einflüssen entwickelte, als die auf bayerischer Seite der Fall war. Einige Siedlungsflächen verschwanden und Waldflächen vergrößerten sich. Das übrige Offenland wurde großflächig von landwirtschaftlichen Kooperativen bewirtschaftet und sein feinstrukturierter Charakter ging verloren. Auf bayerischer Seite gab es hingegen kaum strukturelle Veränderung. Aus landwirtschaftlicher Sicht steht diese Zeit für eine starke Intensivierung, unter anderem durch den Einsatz von Kunstdünger und großem Gerät oder den Folgen der Flurbereinigung.
Seit der Revolution von 1989 ist die militärische Sperrzone des Eisernen Vorhangs, dessen Relikte auch in dieser Karte noch zu sehen sind, wieder frei zugänglich. Eine Wiederbesiedlung der verlassenen Orte fand nicht statt, da die meisten gänzlich zerstört wurden. Überreste können zwar im Gelände noch gefunden werden, sie sind jedoch mittler Weile so stark überwachsen, dass sie auf den Luftbildern nicht mehr zu erkennen sind. Die bewaldeten Flächen nahmen auf tschechischer Seite weiter zu und auch die großflächige Bewirtschaftung, die nach Privatisierung von wenigen Landwirten übernommen wurde, prägt noch immer das Landschaftsbild.
Auf bayerischer Seite nahmen die Siedlungsflächen auch in jüngerer Zeit leicht zu, jedoch blieb die Gegend dünn besiedelt. Die Technisierung der Landwirtschaft stellt weiterhin einen großen Einflussfaktor auf die Landschaft dar. Jedoch wurde der hohe ökologische Wert dieser Gegend erkannt und Bestrebungen, diese Grenzregion als Hotspot der Artenvielfalt zu erhalten sind groß. Aus dem ehemaligen Eisernen Vorhang wurde das Grüne Band, das einen überregionalen Habitatverbund, mit wertvollen Ökosystemdienstleistungen darstellt und durch seine touristische Attraktivität neue Wirtschaftszweige erschließt.
Kartenanalyse
Universität Regensburg – Institut für Botanik
Štítary liegt etwa 4 km nördlich von Aš nahe der Grenze zu Deutschland. Die Siedlung wurde erstmals 1342 erwähnt und war später, wie viele andere in der Gegend, im Besitz der Familie Zedwitz. Štítary war ein kleines landwirtschaftliches Dorf, das 1930 etwas mehr als 200 Einwohner zählte. Nach dem Abzug der Deutschen war das Dorf Štítry bewohnt. Im Jahr 1945 war das Dorf praktisch leer und in den 1950er Jahren befand es sich in unmittelbarer Nähe der Grenzsperren. Von den ursprünglichen Gebäuden ist heute nur noch ein Haus übrig. Außerdem wurden in den 1970er Jahren zwei Plattenbauten errichtet, die heute von mehreren Zigeunerfamilien bewohnt werden, was ihr Erscheinungsbild sichtbar beeinträchtigt hat. Sogar der Bahnhof an der Strecke Aš-Hranice ist erhalten geblieben (hier auszusteigen bedeutete in der sozialistischen Zeit fast sicher eine Verhaftung und anschließende unfreiwillige Überführung nach Aš zum Verhör; schließlich war es in dieser Zeit an vielen Orten in Aš problematisch, sich überhaupt frei zu bewegen – bestenfalls kam man “gerade so” durch die ständigen Dokumentenkontrollen). Der Kern des Dorfes befand sich südlich der Bushaltestelle an der Straße zur Staatsgrenze, heute ist dieses Gebiet in Wiesen verwandelt und alle Gebäude sind ohne nennenswerte Spuren verschwunden.
Den Namen “Štítary” trägt heute auch das Gebäude der ehemaligen PS-Kaserne, das etwa 1 km nördlich der Siedlung an der Straße zum untergegangenen Dorf Újezd im Wald versteckt liegt.
Die Landschaft verändert sich ständig. Nach vielen Jahrzehnten haben wir uns an Orte begeben, die auf alten Fotos und Postkarten zu sehen sind, um Ihnen zu zeigen, wie sich die Gegend im letzten Jahrhundert verändert hat. Sie können nach Aš und in die Umgebung fahren.
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